Kinder erobern die Wasserwelt

Hannoversche Allgemeine – 28.09.2017

Nichts wird dem Zufall überlassen: Für die Mitte Oktober anstehenden Öffnung der neuen Langenhagener Wasserwelt sind am Donnerstag als erstes Schüler in die Becken gestiegen. Damit wurde getestet, ob die automatische Wasseraufbereitung über das programmierte Filtersystem auch richtig funktioniert.

Langenhagen. Wissenschaft ist eine ernste Angelegenheit. Diese Haltung vor Vorfreude platzenden Grundschülern angesichts eines nigelnagelneuen Schwimmbades zu vermittelt, für diese Disziplin müsste man einen neuen Nobel-Preis erfinden. Das Team der Langenhagener Wasserwelt hatte mit dem Sack Flöhe jedenfalls manche Mühe.

Eigentlich müsste jedem Schwimmbadbetreiber bei diesem Anblick das Herz übergehen. Eine johlende Meute quirliger Grundschüler ist von seinen Lehrern nur mühsam auf der wärmenden Beton-Bank am Ostende der Sportlerhalle zu halten. Und kaum sind sie losgelassen, stürmen sie platschend und jubelnd ins nächstbeste Nass. Köpper, tauchen, prusten, raus und nochmal von vorne. So geht es in einer Tour. Raus aus dem Sportlerbecken, rein in den Sprudelkreisel und rüber – endlich! – zur Reifenrutsche. Und spätestens jetzt legt Desdemona Hellbach ihre Stirn leicht in Falten. Denn das Papier in ihrer Hand kennt keine Begeisterung. Das kennt nur die Versuchsanordnung mit einer exakten Personenzahl pro Becken und Uhrzeit.

Und so bastelt Hellbach, eigentlich leitende Ingenieurin für den städtischen Eigenbetrieb Bad, aber selbst Mutter zweier Kinder, mit dem Team eine neue Anleitung. Damit auch den Kollegen die Wissenschaft an diesem Tag Spaß bereiten kann. “Alle Kinder mit bronzenem Abzeichen und gehen besser erstmal ins Sportlerbecken” – so der neue Plan. Und er wäre ein Guter, könnten Lehrkräfte und Kinder dazu Auskunft geben. Aber die zum Teil aus dem geschlossenen Bad in Godshorn übernommenen Schwimmmeister haben schon kuriosere Abenteuer gestemmt. Und mit Hilfe der mitgereisten Lehrkräfte gelingt dann auch ein harmonisches Ampelsystem, wer wann wo und wie oft nun doch auf die Rutsche unters Dach klettern darf, um sich mit den bestens beschrifteten Reifen in die Röhre stürzen zu können.

Die Schüler der Langenhagener IGS-Süd haben auf Einladung der Stadt an diesem Donnerstag einen wichtigen Job. Und wer einen Moment innehält und sich umsieht im Schwimmbad, kann das auch erkennen. Zwar nicht an den Baggerfahrern, die auch direkt am betobten Außenbecken das Außengelände bereiten. Auch nicht an dem Arbeiter im Taucheranzug, der durch eine eher kleinere Luke unter den Hubboden des Schulungsbeckens verschwindet, um dort letzte Feinheiten des Seilzugsystems zu richten. Es liegt an den vielen Probefläschchen, die die Techniker der Wasserwelt immer und immer wieder ins Wasser tauchen. Proben werden entnommen und sofort mit Reagenzien überprüft. Bis in den späten Nachmittag wird das so gehen, bis als letzte in der Reihe auch die Zehntklässler das Bad auf Herz und Nieren geprüft haben werden. In den nächsten Tagen wird Hellbach die Ergebnisse zu Papier bringen, so dass zur Eröffnung Mitte Oktober alle Eventualitäten ausgemerzt sind.

Die plantschenden Kinder sollen den lebendigen Beweis liefern, dass die seelenlose Technik im Keller unter ihren paddelnden Füßen ihre Arbeit perfekt erledigt. Dass jeder Schwapp an Wasser, der durch die Kinder in die Rinne am Beckenrand verdrängt und von dort in den Schwallwasserbehälter unter Tage fließt, ebendort auf seine biochemischen Werte hin überprüft und entsprechend aufbereitet wird, bevor er zurück nach oben gepumpt wird. Und weil die Versuchsanordnung das so will, sagt Hellbach, dürfen die Kinder an diesem Tag, “und nur an diesem!”, auf das Duschen vor dem Baden verzichten. Spätestens nach ihrer verordneten Versuchsstunde (dann müssen neue Kinder mit neuem “Dreck” ins Wasser) werden die Kinder aber merken, wie nett die Duschen sind. Ausreichend lang und angenehm warm prasselnd und sogar in Kinderhöhe bedienbar.

Mit übermäßig geröteten Augen werden Kinder nach diesem Tag nicht nach Hause gehen. Der Chlorgehalt des Wassers ist kaum spürbar. Auch das Schlüsselband hinterlässt kaum Spuren auf der Haut. Einziges Manko: Es passt nur an Kinderfußgelenke. Für die meisten Erwachsenenfesseln ist es zu kurz. Mit gutem Grund, wie Bad-Chefin Heike Basse beim Vorbeieilen verrät: “Wer mit dem Transponder durch das Drehkreuz möchte, sollte ihn am Handgelenk tragen”, sagt Basse lachend und blickt auf die Lesegeräte in Hüfthöhe. Recht hat sie. Einen wissenschaftlichen Versuch braucht es für diesen Beweis nicht.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert